Gedenkfeier für Josef Heid

Veröffentlicht am 22.12.2019 in Reden/Artikel

Vor 75 Jahren starb der ehemalige badische SPD-Landtagsabgeordnete Josef Heid im Konzentrationslager Dachau.

Er wurde verfolgt, interniert und entrechtet, weil er Sozialdemokrat war. Weil er Demokrat war. Weil er von den Werten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität überzeugt war.

Sein letzter selbst gewählter Wohnort war in Bruchsal. Auf dem dortigen Friedhof wurde er beigesetzt. In einer eindringlichen Gedenkrede erinnerte heute Michaela Taghi-Agdiri an Josef Heids Schicksal. Die Erinnerung an ihn mahnt uns alle, Demokratie nicht als selbstverständlich zu betrachten, sondern jeden Tag aktiv für sie einzustehen. Damit sich Geschichte nicht wiederholt.

Hier die Rede von Michaela Taghi-Agdiri:

Liebe Angehörige von Josef Heid, Genossinnen und Genossen, liebe Anwesende.

Ich begrüße Sie alle herzlich und freue mich, dass Sie an der kurzen Gedenkstunde für Josef Heid teilnehmen.

Josef Heid wurde 1882 in Stühlingen geborgen. Bereits 1900 trat er der SPD bei.

1922 wurde er als Vertreter der Sozialdemokraten in Villingen-Schwenningen in den Stadtrat und in den Kreisrat gewählt, ab 1929 gehörte er dem Badischen Landtag an.

Er war in vielen sozialen Einrichtungen leitend tätig und bei der Bevölkerung hoch angesehen und beliebt.

1933 geriet Josef Heid in Verfolgung durch die Nationalsozialisten, der er nicht mehr entrinnen sollte.

Alles fing damit an, dass Heid aufgrund seiner Parteizugehörigkeit und Position in der Stadt vom 17.03.-27.06.1933 im KZ Heuberg in Schutzhaft genommen wurde.

 

Am Abend des 6. September 1933 kommt eine empörte Menge von dem Wohnhaus zusammen. Heid steht zu diesem Zeitpunkt unter Hausarrest und befindet sich mit beiden Söhnen in seiner Wohnung. Seine Ehefrau ist im Krankenhaus zur Entbindung des Sohnes Dieter. Die Menge ruft Drohungen gegen Heid und wirft Steine. Einige Personen aus der Menge versuchen, mit Leitern in Heids Wohnung im ersten Stockwerk zu klettern. Heid wird nach Eintreffen der Polizei in „Schutzhaft“ genommen und im Bezirksgefängnis in Villingen inhaftiert. Am 1.10.1933 wird Heid entlassen und mit seiner Familie aus der Stadt Villingen ausgewiesen. Er siedelt nun nach Bruchsal über. Die Wahl fiel damals auf Bruchsal, weil hier die aus Unteröwisheim stammenden Schwiegereltern von Josef Heid ein Haus im Gartenweg besaßen.

Schikanen machten dem Verfolgten das Leben immer unerträglicher.  Hinzu kam die soziale Abstufung, die es nahezu unmöglich machte, die Familie durchzubringen.

Mühsam erhielt Josef Heid, der nur 50 % seiner Pensionsbezüge erhielt, seine junge Familie über Wasser und betrieb nebenbei eine Hühnerzucht.

Doch auch in Bruchsal sah er sich bald dem Terror des Nationalsozialismus ausgesetzt. So hatte er sich wöchentlich bei der Polizei zu melden, durfte die Stadt nicht verlassen und wurde schließlich 1940 für eine Arbeit im Domänenamt dienstverpflichtet.

Trotz allem war die Familie Heid bei einem Teil der Bruchsaler Bevölkerung äußerst beliebt.

1944 wurde das Schicksalsjahr von Josef Heid.  Er wurde – vollkommen grundlos – mit dem Attentat auf Hitler am 20.07.44 in Verbindung gebracht und hierauf am 22.08.44  in der „Aktion Gewitter“ auf offener Straße verhaftet und zusammen mit anderen Verdächtigen ins KZ Dachau verschleppt.

Josef Heid verstarb dort am 21.12.1944 an einer Lungenentzündung. Seiner Ehefrau Anna Heid wurde mit Schreiben vom 25. Dezember 1944 mitgeteilt:

s.Anlage

Ein sinnloser Tod, der nicht hätte sein müssen. Schließlich wurden die meisten Gefangenen Ende 1944 wieder auf freien Fuß gesetzt, vor allen Dingen dann, wenn sie sich auf Leumundszeugen berufen konnten und sich die jeweils zuständigen Kreisleitungen für eine Freilassung aussprachen.

Pfarrer Richard Schneider, der zur gleichen Zeit mit Heid in Dachau inhaftiert war, schildert sie Situation, in der sich Josef Heid damals befand, wie folgt:

Während alle Häftlinge aus Baden nachkurzer Zeit wieder entlassen wurden, blieben allein Josef Heid und ein gewisser Helmstätter aus Edingen bei Heidelberg in Dachau zurück. Beide starben dort im Massenquartier auf Block 29 an den Folgen der Entbehrungen und Gram, dass sie wie ihre anderen Aktionshäftlinge nicht frei wurden.

Der Grund, weshalb Heid nicht entlassen wurde, bestand darin, dass Kreisleiter Epp die Freilassung nicht befürwortete, wie es anderswo geschah. Sowohl Heid wie Helmstätter haben mir immer wieder geklagt, dass sie die Opfer oben genannter Personen sind.

In dem Berufungsverfahren, das Epp am 31.08.1950 vor der Zentralberufungskammer Karlsruhe angestrengt hatte, wurde er in der Funktion des Kreisleiters von einer direkten Schuld am Tode Heids freigesprochen, aber – so das Gericht:

...soviel aber steht fest, dass es sicherlich nur eines guten Wortes von ihm bedurft hätte, um diesen Mann aus dem Konzentrationslager zu befreien, wodurch sein frühes Ableben wahrscheinlich verhindert worden wäre.

Wir gedenken heute Josef Heid, ein aufrechter Sozialdemokrat, der wegen seiner Überzeugung feige ermordet wurde.

Wir denken auch an seinen Sohn Dietrich, der im Familiengrab beigesetzt ist und der uns Älteren noch gut in Erinnerung ist. Sein Leben lang hat er das grausamen Geschehen, als ihm sein Vater – wie er es nannte – aus der Hand gerissen wurde und er ihn nicht mehr wiedersah verfolgt. Wir denken zurück an viele gute Gespräche mit ihm.

Wir denken heute auch an viele Genossinnen und Genossen, die ein ähnliches Schicksal wie Josef Heid hatten – Ludwig Marum und  Kurt Schumacher, um nur zwei zu nennen.

Aber es reicht nicht, zu erinnern. Wir müssen wachsam bleiben und gegen rechte Hetze und Ideologie immer wieder angehen.

Es reicht nicht, zu ignorieren und zu schweigen. Jede Rede der Rechten erfordert eine Gegenrede.

Wir müssen uns gegen Feinde der Demokratie scharf abgrenzen.

Wo Patriotismus zu Nationalismus wird, wird es ernst und gefährlich.

Die AfD ist bei 3 Landtagswahlen 2stärkste Partei geworden.

Eine ganze Generation kennt heute kein anderes Deutschland als ein vereintes, demokratisches Land in einem vereinten, friedlichen Europa. Das ist ein unschätzbares Glück – und zugleich eine Gefahr. Denn: Selbstverständlich war die Demokratie in diesem Lande nie, und sie ist es auch heute nicht. Wer sich mit unserem langen und verschlungenen Weg zur Demokratie, mit ihren vergessenen Heldinnen und Helden ebenso wie mit den Irr- und Abwegen beschäftigt, der wird sehen: Die Demokratie ist uns Deutschen wahrlich nicht in die Wiege gelegt. Wir müssen, immer aufs Neue, für sie arbeiten, für sie streiten.

Mit diesem Appel möchte ich die heutige Gedenkveranstaltung schließen.

Ich danke für Ihr und Euer Kommen.

 

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